Seit meiner Volksschulzeit fasziniert mich das Walsertum und das Große Walsertal. Die steilen Hänge, die Naturkatastrophen, die kinderreichen Familien, die Theodulverehrung und nicht zu vergessen die Tatsache, dass mein Urgroßvater ein Walser war sind nur einige Gründe warum ich mich auf das Große Walsertal spezialisiert habe.
Als ich mit meiner Forschung an der Familie Jenni begann interessierten mich primär die direkten Ahnen, dabei konnte ich anhand der Matriken bis zu meinem 8-fachen Urgroßvater Gerold Jenni (+1721 in Blons) zurückforschen. Die Pfarrgemeinde Blons wurde 1689 gegründet und war vorher der Doppelpfarre Thüringen-Bludesch unterstellt, wobei es kaum Eintragungen aus Blons in Bludesch gibt. Im Eheeintrag von Gerold und seiner Frau Afra Maria Bickel (oo 1694 in Blons), gibt es keinen Hinweis auf seine Eltern, allerdings wird er in seinem Sterbeeintrag als frommer Bürger und circa 60 jährig beschrieben.
Leider beginnen in Thüringen die Taufmatriken erst 1664, und da fand sich kein Gerold Jenni in den Matriken.
Eines Tages machte ich einen Streifzug durch die Nachbarpfarren, denn es konnte gut möglich sein, dass Gerold während eines Alpsommers zur Welt kam und deshalb woanders getauft wurde, die andere Möglichkeit wäre gewesen, dass der Weg in den Walgau aufgrund hoher Lawinengefahr unpassierbar war und er deshalb in Sonntag oder Raggal getauft wurde.
Und tatsächlich konnte ich in Raggal einen Gerold Jenni finden, welcher am 23. August 1664 in Raggal getauft wurde. Sein Vater war ein gewisser Bascha Jenni und die Mutter eine Gertraud Müller. Er war der einzige Sohn, der in dieser Pfarre getauft wurde.
Es könnte sich hierbei um meinen Gerold handeln, aber leider wäre das nicht Beweis genug gewesen.
Ich suchte dann in Sonntag weiter nach Taufen auf den Namen Jenni, auch hier gab es weit und breit keinen Gerold. Aber am 05. Dezember 1660 wird in Sonntag ein Franz Jenni getauft, auch er war ein Sohn von Bascha und Gertraud.
Der Vorname des Vaters, Bascha, war mir nicht geläufig und ich interpretierte ihn als Abkürzung für Baptist oder Bartholomäus. Zwei Forscherkollegen klärten mich dann aber auf, dass Bascha bzw. Baschi die Kurzform für Sebastian sei.
In weiterer Folge versuchte ich dann den Eheeintrag in Raggal oder Sonntag zu finden, aber hier heiratete kein Sebastian / Bascha Jenni. Per Zufall entdeckte ich dann in Thüringen einen Matrikeneintrag. Sebastian Jenni heiratet am 26. Jänner 1648 Gertraud Müller, beide aus St. Gerold. (Anm.: Sankt Gerold könnte sich hierbei auf die neue freie Reichsherrschaft Sankt Gerold beziehen und nicht auf die politische Gemeinde die 1806 entstand, hier wurde in den Matriken eher Gassnerberg und Plankenberg als Lokalität angegeben).
Einige Wochen später fiel mir plötzlich ein entscheidendes Detail in meiner Forschung auf. Gerold Jenni (+1721) hatte einen Sohn namens Sebastian, er verstarb vermutlich noch im Kindsalter, aber ich spekulierte hier auf eine „Namensvererbung“. Zudem heiratete eine Enkelin von Gerold Jenni einen gewissen Franz Jenni, dessen männliche Vorfahren aus Raggal stammten, es gab einen Dispens aufgrund einer Verwandtschaft im 3. Grad. Der Großvater dieses Franz, war ebenfalls ein Franz Jenni, ich vermutete, dass es sich hierbei um den Bruder von Gerold handelte. Dies stellte sich schlussendlich als inkorrekt heraus.
Um endlich Klarheit über diese Spitzenahnenfrage zu bekommen reicht das Forschen mit den Matriken leider nicht mehr aus. Ich musste nun herausfinden wohin Blons grundherrschaftlich gehörte und ob es noch Unterlagen gibt. Also fragte ich beim Vorarlberger Landesarchiv um Rat, man sagte mir, dass die Bestände der freien Reichsherrschaft Sankt Gerold im Kloster Einsiedeln (Schwyz) seien und ich mich dorthin wenden muss. Nach unzähligen Stunden voller Recherche stieß ich auf eine Publikation von Dr. Niederstätter, indem er einen Archivkatalog von Sankt Gerold zitierte. Darin war ein Erbtheilungsbuch 1691-1739 sowie ein Ehecontractsbuch 1711-1769 angeführt.
Einige Minuten später fand ich diese Bestände auch schon im Archivkatalog vom Kloster Einsiedeln. Nun galt es herauszufinden ob diese Bücher indiziert sind, also wendete ich mich an Pater Jäggi, dem Stiftsarchivar von Sankt Gerold, dieser schickte mir dann die entsprechenden Kopien zu. Das nach Vornamen geordnete Index des Erbtheilungsbuches beinhaltete zwei für mich interessante Einträge. Zum Einen „Sebastian Jennis Söhn“ und zum anderen „Franz Jenni“. Ich bestellte wiederum Reproduktionen von beiden Erbteilungen und schon hatte ich die Antwort.
Sebastian Jenni hinterließ seinen beiden Söhnen Gerold und Franz ein Gut in Valenschtina, welches beiden je zur Hälfte gehörte. Dieser Hof befindet sich heute noch im Besitz der Fam. Jenni und ist der Obere Sückenhof (HNr. 65). In Doblers Schriften über die Höfe von Blons wird erwähnt, dass 1700 Christian Müllers Hof (An der Gaß, vormals HNr. 69) aufwärts an den Sückenhof von Gerold+Franz Jenni grenzt.
In der zweiten Erbteilung, nämlich in der von Franz Jenni, wird angeführt, dass die Kinder seiner Schwester einen Geldbetrag ausbezahlt bekommen. Aufgrund dieser Namen und der Matriken fand ich dann heraus, dass es noch eine Schwester namens Anna gab, welche eine verehelichte Bickel war. Franz selbst war unverheiratet und starb 1713, dies war der Hinweis, dass die obige Annahme des Verwandtschaftsverhältnisses falsch war.
Ein kurzer Blick in die Matriken verriet dann aber das richtige Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Brautleuten Franz und Barbara Jenni.
Es waren einige kleine Hinweise und Vermutungen die zuletzt dazu führten, dass ich endlich eine Generation weiter zurückforschen konnte. Ich möchte mich auf diesem Wege auch bei allen bedanken, die mich dabei mit ihrem Wissen und ihrer Hilfe unterstützt haben.
eine wirklich spannende Geschichte! Ich gratuliere Dir zum Forschungserfolg!
Alles Liebe,
Ingrid (Wien)